Geschichtliche Wurzeln der Lorenz-Kaim-Schule
In den 20-er Jahren des 19. Jahrhunderts fasste in der Industrie und im Handwerk des Königsreichs Bayern die Erkenntnis Fuß, dass die Sonntagsschule den Erfordernissen der Wirtschaft nicht mehr gerecht wurde. Es erging deshalb in Bayern eine Verordnung, je nach Bedarf Gewerbeschulen zu errichten. Die Zuständigkeit dafür lag bei den Gemeinden. Die meisten Kommunen zögerten jedoch zunächst, der Notwendigkeit Rechnung zu tragen.
Als eine der ersten in Bayern hatte die Stadt Kronach bereits 1835 konkrete Überlegungen zur Errichtung einer Volkszeichnungsschule angestellt. Erst 1846 jedoch wurde das Vorhaben in die Tat umgesetzt. Für die Leitung der im Bürgerspital angesiedelten Schule wurde der Kunstmaler Lorenz Kaim bestimmt. Alle Handwerkslehrlinge waren zum Besuch der Schule verpflichtet. Der Unterricht fand zunächst nur an Sonn- und Feiertagen statt. Als im Jahr 1885 Lorenz Kaim starb, schloss auch die Volkszeichnungsschule ihr Tore.
Drei Jahre später übernahm die neu gegründete Fortbildungsschule für gewerbliches Zeichnen deren Aufgaben. Alle Lehrlinge, Gesellen, Gehilfen und Arbeiter waren zum Besuch dieser Schule berechtigt und mussten von ihren Arbeits- oder Lehrherren die dazu nötig Zeit erhalten.
Durch einen Beschluss des Stadtmagistrats aus dem Jahr 1853 wurden die Armen Schulschwestern nach Kronach gerufen, um die Fortbildung der Mädchen zu gewährleisten. Die Schwestern übernahmen die Leitung der Mädchenschulanstalt in Kronach. Der Versuch, an Stelle der bisherigen Feiertags- und Privatschule eine Mädchenfortbildungsschule ins Leben zu rufen scheiterte aber am Geldmangel.
Seit dem Jahr 1868 existierte parallel zur Volkszeichnungsschule auch eine gewerbliche Fortbildungsschule, die der Industrie qualifizierten Nachwuchs zuführen sollte. Der Besuch dieser Schule war verpflichtend. Auf Betreiben des damaligen Bürgermeisters wurde die Schule jedoch zu Beginn der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts wieder geschlossen, was unter den Gewerbetreibenden für erheblichen Unmut sorgte.
Auf Betreiben des Gewerbevereins Kronach und Umgebung kam es 1912 erneut zur Errichtung einer gewerblichen Fortbildungsschule (später Berufsfortbildungsschule) als selbständige öffentliche Lehranstalt zunächst unter Leitung des Rektors der Realschule.
Die Konzentration der beruflichen Fortbildung auf die Stadt Kronach veranlasste die Gemeinden des Umlandes 1921 zur Gründung eines Berufsschulverbandes. Es sollte eine Bezirksberufsfortbildungsschule gegründet werden, die nach den Vorstellungen des Bezirksamts mit der städtischen Berufsfortbildungsschule vereinigt werden sollte. Einen solchen Zusammenschluss lehnte der Rat der Stadt Kronach im Jahr 1925 jedoch ab.
Die Neuorganisation der beruflichen Bildung ab dem Jahr 1938 war grundlegend für die weitere Entwicklung auf Kreisebene. 44 Gemeinden schlossen zum Berufsschulverband Kronach und Umgebung zusammen zur Unterhaltung einer Verbandsberufsschule mit anfänglich 720 Schülern in 24 Klassen.
Während des Zweite Weltkriegs kam es zu schweren Behinderungen der Schulbildung. Der Abzug von Lehrpersonal, die Einschränkung des Zugverkehrs, die Verwendung von Schulgebäuden für dringliche andere Zwecke und die Zerstörung von Bauten führte zur Schließung von Klassen und ganzen Abteilungen.
Doch schon unmittelbar nach Ende des Krieges unternahm man Anstrengungen zum Wiederaufbau des beruflichen Schulwesens. Alte Schulbücher wurden eingesammelt, verschleppte Lehrkräfte herbeigeschafft. Die schulpflichtigen Berufsschüler mussten sich im Januar 1946 in der Klosterstraße mit Schreibzeug anmelden, und schon im Juni 1947 konnte der Berufsschulbetrieb mit 510 Schülern und 270 Schülerinnen wieder aufgenommen werden.
Sehr schnell nahm die Schülerzahl zu und lag im Schuljahr 1951/52 bereits bei ca. 2000. Die Klassen mussten auf sieben verschiedene Stellen verteilt werden. Landrat Dr. Emmert erkannte, dass die Verhältnisse in der Berufsschule die schlechtesten in ganz Bayern sind. Dies veranlasste den Kreistag Kronach im Dezember 1960 die Schule zu übernehmen.
Die Schülerzahl nahm in den 70-er Jahren auf über 3000 zu. Der erneute Raummangel zwang zur Auslagerung von Klassen und zu einer Erweiterung der Schulanlage in der Siechenangerstraße. Neue Werkstätten, eine Turnhalle und zusätzliche Parkplätze waren nötig.
Im April 1983 erhielt unsere Schule ihren heutigen Namen zu Ehren des Künstlers und ersten Berufsschullehrers in Kronach Lorenz Kaim. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs entwickelte sich ein Schüleraustausch mit der Berufsschule für Handel und Gastronomie im ungarischen Kiskunhalas, der zum Abschluss eines Schulpartnerschaftsvertrags führte.
Wer war eigentlich Lorenz-Kaim?
Was er mitbrachte, war ein sehr gutes Akademiezeugnis, eine hübsche junge Münchnerin, Fransiska, geb. Bach, die er in Kronach zum Traualtar führte, und ein hervorragendes Erstlingswerk, den Kronacher Schwedensturm (datiert 1837). Dieses Bild schenkte er 1838 dem Kronacher Magistrat aus Dankbarkeit für die ihm zum Studium gewährte Ausbildungsbeilhilfen. Es schmückt heute noch den Historischen Rathaussaal. Überhaupt ist dort wie auch in der Katholischen Pfarrkirche der Besucher umgeben von Kaimschen Bildern, ohne sich dessen vielleicht bewußt zu sein.
Kaim hat nicht das Ansehen erlangt wie sein berühmter, aus Kronach stammender Vorgänger Lucas Cranach d.Ä.. Doch für Kronach und die nähere Umgebung war und ist Lorenz Kaim von unmittelbarer Bedeutung. Darauf wird mit einem Schwerpunkt in der Zeitschrift des Vereins 1000 Jahre Kronach e.V. namens "cranach" hingewiesen und viele weitere Informationen gibt es auf der Homepage www.1000-jahre-kronach-ev.de
[Text und Bild mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung des Vereins 1000 Jahre Kronach]
Ein Interview mit dem Stadtarchivar Hermann Wich über Lorenz Kaim finden Sie hier.
Volkszeichnungsschule (Leitung: Lorenz Kaim)
1849
Fortbildungsschule für gewerbliches Zeichnen
1868
Gewerbliche Fortbildungsschule
1912
Gewerbliche Fortbildungsschule (Neugründung)
1921
Berufsschulverband (Gemeinden des Kronacher Umkreises)
1938
Verbandsberufsschule (Träger: Berufsschulverband Stadt Kronach und Umgebung)
1960
Kreis Kronach neuer Träger der ehemaligen Verbandsberufschule (neuer Name: "Gewerbliche, Kaufmännische und Hauswirtschaftliche Kreisberufsschule Kronach")
1966
Aufnahme des Schulbetriebs im Neubau Siechenangerstraße
1974
Zusammenlegung mit der Landwirtschaftlichen Berufsschule (neuer Name: "Staatliche gewerbliche, kaufmännische, hauswirtschaftliche und landwirtschaftliche Berufsschule mit Berufsaufbauschule Kronach")
1983
Umbenennung in "Lorenz-Kaim-Schule"